Sonntag, 15. Juli 2012


Das Armbrustschiessen von 1560 zu Stuttgart

Teil II


Handschrift

In der Handschrift werden zuerst die Teilnehmer aufgelistet. Dann geht es um das weitere Prozedere wie Schießergebnisse und Gewinne (z. B. ein Ochse).

Die Handschrift enthält schöne Wappen von Fürsten, Grafen, Rittern, Städten.
Das Treffen der Schützen erfreute sich großer Beliebtheit, wofür die große Teilnehmerzahl spricht sowie die Tatsache, daß einige von weither kamen.

Die Schützen kämpften nicht nur um den eigenen Ruhm und aus Freude am Wettstreit, sondern auch um konkrete Preise. Viele sahen sich auch als Repräsentanten der aufstrebenden Reichsstädte.

Die Ankunft der Schützen:
(entziffert nach bestem Wissen und Gewissen, A.d.V.)‏
“Volgtt weitter hernach ain inhalt wie es mit denn herren unnd schutzen hoch und nidern standts vom? anfang baider fürstlichen schiessens biß aufs endt gehalten unndt geschossen wordenn
Nachdem nun der bestimpte und angesetzt tag des fürstlichen schiessens herr beykommenn?...fürstlichen auß schreiben gemeldt unnd begriffen welicher was der 23 tag des monats septembris...”

“der selben gravenn herren ritterschafft unnd dem adell nach mitemtag denn chur unnd fürsten enntgegen getzogen die selben entpfangenn unnd? zwischen vier und funff uhren inn das furstlich schloss mitain anndrem geritten desgleichen so sein desselbigen tags unnd auff den abenndt annder herren unnd schützen mer auch an komen alls baldt dornach gegen der nacht ist? geschlagenn unnd durch die verordnetenn britschenmeister wie navolgt auß geruftt worden das alle die jenigen hoch und niders stants so vom schiessens wegen zu stuttgart ann kommenn sich das morgenns inn aller frie inn der F.? lustgartenn auff die verordnete zilstat verfüegenn sollenn daselbst werden ihr F.? ainnen? unnd dem schiessen ainen anfang machen also sein alle churfürsten und herrenn auch an den Schützenn selbige nacht ain jeglicher ann seiner gewarsam inn guetem frid? und ainigkait verfaret.”


Quellenverweise

CPalG 78: Widmungsexemplar an Fr.v.d.Pfalz, sorgfältiger ausgearb., z.T. ausführlicher, teilw. abweich. Reihenfolge.
Hinweis auf CPALG 325: L. Flexel: Reimspruch auf d. Armbrustschießen in Stuttg. 1560, bebild., 53 Bl.
(Flexel war ein sog. Britschenmeister, eine Art Nachfolger des Herolds (Zeremonienmeister, maitre de plaisir, A.d.V.)‏
Verweis: Grazer Schützenb., 1568 (eine Art Erinnerungsbuch).
Hinweis auf Wieri (gest 1572?): führte Wanderleben als Britschenmeister und Sänger.
Weitere Feste: Leipz. 1559, München 1579. Lit.: J. Klaiber: Die Stuttg. Schützenfeste im 16. Jh., in:  Lit. Beilage des Staats-Anzeigers für Württ., 1875, S. 1-8.


Einordnung


Die Schützenfeste waren:
1.) ein gesellschaftliches und kulturelles Phänomen
2.) geselliges Großereignis (ein who is who)‏
3.) Leistungsschau
Sie stellten einen Querschnitt durch die Ständegesellschaft dar.


Blatt 4r-5r: Register der Teilnehmer ("Auszug")‏
daneben: mehrere Spalten mit Schießergebnissen (unter "Hauptfanen", ?, "In suma".
(für unser heut. Verständnis schwer nachvollziehbar, A.d.V.)‏
Nr. 1: Wendel Stettner: 175+34=209 Punkte.
Interessant für den Namenskundler sind die (z.T. vom heut. Gebrauch abweichenden) Namen, die Berufs-und Standesbezeichnungen.
(Die betreff. Personen, die vielleicht nirgends sonst erscheinen, haben sich durch die Teilnahme an dem populären Fest quasi verewigt. Es wäre interessant deren Spuren weiterzuverfolgen und mehr über den einen oder den anderen in Erfahrung zu bringen. Vermutlich verlaufen sich aber die Spuren der meisten im Dunkel der Geschichte...)‏


01.) Wendell Stettner von Nuernberg: der Sieger!
02.) Melcher Straub von Duntzdorff (ihm gelang bei anderer Gelegenheit ein gold. Schuß, Siegespreis: 1 Kranz, 1 Ring, 23 Gulden.
Gewinner des Nachschießens: Peter Spieß, Neustadt, Haardt: er erhielt einen ganzen Ochsen, s. Bild !
(Die Donsdorffer Schützengemeinschaft e.V. ist seit 1560 aktiv.)‏
03.) Petter Mittner von Ulm
04.) Lienhart b?otz von Memmingen
05.) Hanns Hanauer von Bassau
06.)Lorrentz Miller von Landtsberg
07.)Lienhart Friderich von Pfortzhaim
08.) Hans Nagell vonn Kirchen under Teck
09.) Fritz Klingenschmidt von Burckgaissen?
10.) Jacob Krembs vonn Schwatz

11.)Benedict Urmacher von Augspurg
12.) Bernhart Foltz vonn Winniden
13.) Maister Wolff von Kauffboiren
14.) Hanns Victor vonn Schonau zu Zurich
15.) Michel Kofmann vont Strasburg
16.)Michel Mair vonn Zurch
17.) Conradt Amman vonn Zurch
18.) Jacob Burchbauer vonn Schonga?
19.) Hanns Stiber von Nuernberg
20.)Ulrich Urmacher von Augspurg
(...bis Nr. 90)‏


Listen der Gewinner:
1.) die 50? ritterfanen gewunen haben (z.B. Hainrich Braun von Amberg)‏
2.)der den Britschenfanen gewunen hatt (Geiger? von Ulm u.a.)‏
ab fol 20v: das erst viertell under dem rottenn fannen: Ritter mit und ohne Wappen (z.B. Herr Hans Jacob vo Branweil? Ritter)‏
Schließlich: Herzöge und Grafen
3.) den  den weitesten fannenn gewunen hatt (Hannß Henning? von Ennß?)‏
4.)volgen die herren und schutzen so onn fannen inn silber? gewunen? haben (an erster Stell: Friderich Pfaltz graff bey Rein des heiligen Rom. Reichs Ertztruchsaß unnd Curfurst Herzog in Bairn (sic!))‏

(für wertvolle Hinweise danke ich Kollegen aus Heilbronn)‏


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